Arbeitskräftemangel

Handwerk Wirtschaft
Dass Fachkräfte fehlen, ist keine Neuigkeit. Allerdings ist was wir bisher erleben, erst der Vorgeschmack auf die gewaltigen Probleme, vor denen wir stehen.
Der Fachkräftemonitor der IHK veranschaulicht das Drama auf dem Arbeitsmarkt. Da mehr Arbeitskräfte ins Rentenleben wechseln als junge Menschen in den Arbeitsmarkt, wird sich der Mangel (rote Linie) ab 2025 drastisch vergrößern. Für die Region Stuttgart wird bis ins Jahr 2030 ein Mangel von 155.000 Fachkräften prognostiziert. Das hieße, dass jeder 9. Arbeitsplatz in der Region unbesetzt ist.
(Fachkräftemonitor der IHK Baden-Württemberg)
Dabei ist es wahrscheinlich, dass die namhaften „Leuchttürme“ der Wirtschaftsregion weniger Probleme haben werden (weil sie mit Mitarbeitermarketing und Azubimarketing bereits begonnen haben und allgemein attraktive „Pakete“ bieten können), während KMU in kleineren, weniger gut ans Verkehrsnetz angebundenen Orten der Region vor dramatischen Schwierigkeiten stehen werden.

Vorschläge für politisches Handeln

Um entgegenzuwirken, müssen verschiedene Tasten des politischen Klaviers gespielt werden. Eines jedenfalls ist klar: Ohne Zuwanderung ist es unmöglich, den Fachkräftemangel halbwegs abzufedern.
Wenn qualifizierte Arbeitskräfte zu uns kommen sollen, muss gezielt um Personen aus den Mangelberufen geworben werden. Diese Strategie kann aber nur aufgehen, wenn wir diesen Menschen Hilfen für ihre Integration zukommen lassen: Wohnraum, Kinderbetreuung, Deutschunterricht. Die arbeitsmotivierte Einwanderung aus Drittstaaten muss unbürokratischer werden. Und es ist ein schlechter Witz, dass wir Ausländer aus dem Land jagen, die beruflich erfolgreich integriert sind. Darüber verzweifeln nicht nur die Betroffenen, sondern auch die betroffenen Unternehmen.
Wir müssen es schaffen, dass mehr Menschen länger arbeiten. Und wir müssen es schaffen, dass Menschen, die mehr arbeiten wollen, dies auch können. Beispiel junge Mütter oder Väter: Als Arbeitgeber haben wir ein Interesse an noch besserer Kinderbetreuung, damit beispielsweise aus Halbzeitarbeit auf 60 oder 70 Prozent aufgestockt werden kann.
„Nebenher“ arbeiten darf nicht bestraft werden. Wer zum Beispiel als Student in der Gastro jobbt, darf derzeit nur 452 Euro im Monat (bzw. 5.422 Euro im Jahr) verdienen, ohne dass das BAföG gekürzt wird.
Die Entscheidung über die Berufswahl wird maßgeblich durch das Elternhaus und die Schule gelenkt. In den Schulen werden die Schülerinnen und Schüler nach wie vor überwiegend „Pro Studium“ beeinflusst. Wir wollen die berufliche Ausbildung finanziell gegenüber dem Studium gleichstellen. Berufliche Weiterbildung liegt im gesellschaftlichen Interesse. Nicht nur im Handwerk müssen wir den Aufstieg weiter fördern („Meister-Bonus“), die Förderung muss auch auf die IHK-Berufe ausgeweitet werden.
Ein entscheidender Faktor bei der Mitarbeitergewinnung wird sein, ob ein Unternehmen frühzeitig (das heißt früher als die unmittelbaren Mitbewerber) mit einem Konzept im Mitarbeitermarketing und Azubimarketing an den Start geht. Welche Alleinstellungsmerkmale hat das Unternehmen? Was unterscheidet es in punkto Personalentwicklung, Weiterbildung und Wertschätzung? Warum soll sich ein Bewerber für dieses Unternehmen entscheiden? In immer mehr Branchen wird gelten: nicht der Wettbewerb um den Kunden steht im Fokus, sondern der Wettbewerb um Mitarbeiter („war for talents“).
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Wirtschaftspolitiker, Gemeinderat, Vereinsmensch und Familienvater

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